Zum Connecten eines DX-Clusters, einer Conversrunde oder einer Mailbox mit einem ASCII-Terminal reichen die derzeit verwendeten Übertragungsgeschwindigkeiten meistens aus. Doch für viele denkbare neue Anwendungen sind auch 9600 Baud Einstiege um den Faktor 10 zu langsam.
Beispielhaft für solche Anwendungen seien hier Mailboxen mit HTML-Oberfläche, digitale Sprachübertragung oder auch Echtzeit Bildübertragung mit ISDN-Qualität genannt. Der Aufbau von Linkstrecken, die diesen Anforderungen genügen, schreitet bereits voran. Was bisher noch gänzlich fehlt, sind leistungsfähige Benutzerzugänge.
Die S/E - Umschaltzeit soll kleiner 1ms sein, um die Vorteile der hohen Übertragungsgeschwindigkeit nicht wieder durch lange TX-Delay Zeiten zu verschenken.
Wenn mit 9600 Baud Einstiegen vergleichbare Einzugsgebiete erreicht werden sollen, muß wegen der größeren Bandbreite das S/N am Empfänger um ca. 10dB höher liegen. Dies kann durch Erhöhung der Sendeleistung um 10dB oder durch die Verwendung von Richtantennen erreicht werden.
Für die Verwendung bei ungünstigen Standortverhältnissen und an Digipeatern empfehlen wir vorerst eine Endstufe mit ca. 20W Ausgangsleistung. Erste Erfahrungen zeigen, daß meist auch geringere Leistung ausreichend sind. Daher stellen wir hier auch eine kleinere Endstufe mit 2-7W Ausgangsleistung vor.
Der Transceiver sollte folgenden Anforderungen genügen:
Bandbreite | 200kHz |
Modulationsart | FSK |
Baudrate | 76,8 bis 115,2 kBaud |
Modulationsbandbreite | 100Hz - 80kHz |
S/E-Umschaltzeit | <1ms |
Kanäle | 1, umschaltbar für Digi oder User |
HF-Ausgangsleistung | 20W, (evtl. reduzierbar auf 2W) |
Betriebsspannung | 12V |
Es zeigte sich bei den Prototypen, daß die interne Resetlogik erst bei sehr tiefen Spannungseinbrüchen ansprach. Der PIC-Prozessor arbeitet bis unter 3V zuverlässig, jedoch verliert das PLL-IC die Programmierung. Um zu verhindern, daß der Steuersender dann mit falscher Programmierung betrieben wird, wurde eine externe Resetschaltung integriert, die sicher auch bei geringen Spannungseinbrüchen reagiert und die Neuprogrammierung der PLL einleitet.
Bei einem Reset werden vom Prozessor vier Frequenz-Telegramme mit vier unterschiedlichen Chip-Adressen über den I2C-Bus verschickt. Hiermit werden alle Kombinationen aus RX oder TX und User oder Digi abgedeckt. Mit einem Jumper am Adress-Select-Pin des jeweiligen SDA3302 wird dessen Chip-Adresse eingestellt und damit das passende Frequenz-Telegramm ausgewählt.
An den VCO angekoppelt ist eine Pufferstufe mit einem BF960, einem Dual-Gate Mosfet. Dieser wurde gewählt wegen der sehr geringen Rückwirkungen von Ausgang auf den Eingang (S|12|^2 von < -40 dB) und sorgt damit für eine gute Entkopplung zum Oszillator. Am Ausgang des BF960 steht eine Leistung von 3dBm zur Verfügung.
Zur Erhöhung der Frequenzstabilität des Oszillators bei Laständerungen am Ausgang folgen noch zwei weitere Pufferstufen mit je einem BFR90. Jede Stufe hat eine Verstärkung von 11dB. Um eine Ausgangsleistung von 10dBm und eine weitere Entkopplung zu erreichen sind den Verstärkerstufen noch zwei 7dB Dämpfungsglieder vorgeschaltet. Diese sorgen ganz nebenbei auch noch für eine gute Anpassung der Verstärkerstufen.
Um eine gute Entkopplung der Spannungsversorgung für die einzelnen Stufen zu erreichen, finden 3 Spannungsregler Verwendung. Ein 78L05 für die PLL und den Prozessor und je ein 78L09 für Oszillator und ersten Puffer und für die beiden BFR90.
Als wichtig für niedriges Phasenrauschen des Oszillators hat sich eine zusätzliche Filterung der Versorgungsspannung (R10, C22, C7, C29) erwiesen, welche die Rauschseitenbänder in 100kHz Abstand vom Träger um weitere 20dB absenkt.
Als Ausgangsbuchse kann eine BNC-Flanschbuchse verwendet werden. C13 wird dann direkt zwischen Mittelpin der Buchse mit der Platine "freitragend" eingebaut. Ebenfalls möglich ist z.B. eine SMC oder SMA-Buche, die direkt auf die Leiterbahn gelötet wird - elektrisch sicher günstiger, aber diese Buchsen sind nicht so gebräuchlich.
Als nächstes wird mit Jumper JP1 die Verwendung des Senders für User oder Digipeater bestimmt. Für den Betrieb beim User (434,900 MHz) muß der Jumper gezogen sein. Jetzt erst wird die Versorgungsspannung angelegt, worauf die Programmierung des PLL-IC durch den PIC erfolgt. Bei fehlerhafter Programmierung leuchtet LED D2. Ist alles in Ordnung, blitzt sie nur kurz auf und bleibt dann aus.
An TP2 liegt die Phasenvergleichsfrequenz der PLL als TTL-Rechtecksignal an. Mit Trimmer C24 wird die Frequenz auf 12,5kHz abgeglichen. Keinesfalls sollte man versuchen die Frequenz des 6,4 MHz Quarzes direkt zu messen. Dieser schwingt in Serienresonanz und seine Schwingfrequenz würde auch mit einem guten Tastkopf zu sehr verstimmt werden.
An TP1 steht die Regelspannung der PLL zur Verfügung. Beim langsamen Durchdrehen des Sky-Trimmers C10 sollte sich diese auf 4 bis 5V einstellen lassen. Der Trimmer steht hierbei nahezu in Mittelstellung. Liegt die Regelspannung um 9V, so ist die Frequenz des VCO zu tief, der Trimmer muß weiter herausgedreht werden. Liegt sie knapp über 0V, so muß die Kapazität des Trimmers vergrößert werden. Damit ist der Abgleich des Senders bereits beendet.
An TP3 kann die durch das PLL-IC geteilte VCO-Frequenz abgenommen werden. Bei gerasteter PLL liegen hier ebenfalls 12,5kHz an. Der Testpunkt ist zum Abgleich nicht erforderlich, bei einer eventuell nötigen Fehlersuche kann hier jedoch auch ohne 500 MHz-Zähler überprüft werden, ob und wo der VCO schwingt. Der Teilungsfaktor der PLL bei Userbetrieb beträgt 34792.
Um eine Absenkung des Ausgangsspektrums von mindestens 40dB an den Kanalgrenzen zu erreichen, darf bei einer Baudrate von 76,8kBaud der Hub nicht größer als 25-30kHz sein. Um Störungen im Nachbarkanal zu vermeiden, sollte die Modulationsspannung am Modemausgang kleiner als 500mVss eingestellt werden.
Bei unseren Musteraufbauten haben wir im Mittel folgende Kollektor- bzw. Drain-Spannungen gemessen: T1 6V, T2 8V, T3 5,2V, T4 4,2V. Die Ausgangsleistung lag bei allen aufgebauten Prototypen knapp über 10mW.
Aus Gründen der šbersteuerungsfestigkeit wollten wir für Mischer und Oszillator ein Fernsehtuner-IC einsetzen. Der in [1] verwendete TDA5030 wird inzwischen nicht mehr von Philips gefertigt. Erste Wahl wäre der TDA5630 gewesen. Leider ist dieses IC z.Z. nicht beschaffbar, so daß ein TDA5331T verwendet wird. Dieser hat einen Mischereingang mit einer Impedanz nahe 50Ohm und einen niederohmigen SAW-Filter Treiber. Beides paßt gut ins Empfängerkonzept.
Ein größeres Problem warf die Beschaffung eines geeigneten Filters für die erste ZF mit ca. 200kHz Bandbreite auf. Wir haben nach längerer Suche ein SAW-Filter mit 41.7MHz Mittenfrequenz und einer Bandbreite von 300kHz gefunden. Leider ist dieses Filter relativ teuer. Abweichend zu den in [2, 76800 Baud im 70cm-Band] und [3] veröffentlichten Schaltungen wird jetzt das deutlich preiswertere Filter TFS80B mit 80MHz Mittenfrequenz eingesetzt. Durch das flexible Konzept des Empfängers halten sich die nötigen Anpassungen in Grenzen.
Als Frequenz für die zweite ZF kommt wegen der benötigten großen Bandbreite 455kHz nicht in Betracht. Bei 10,7MHz stehen Keramikfilter für Rundfunkempfänger zur Verfügung, die eine passende Bandbreite haben und deren Gruppenlaufzeit für Datenanwendung ausreichend ist. Als IC für die zweite ZF wird das SA626 von Philips verwendet. Es ist für den direkten Anschluß von Keramikfiltern mit 330Ohm Impedanz vorgesehen und enthält sowohl Oszillator, Mischer als auch Begrenzerverstärker, FM-Demodulator und einen extrem schnellen RSSI (Received signal strength indicator - ein Ausgang für eine logarithmische Feldstärkeanzeige) -Ausgang. Dieser wird zusammen mit einem Komparator mit einstellbarer Schwelle auch als DCD verwendet.
Wie auch im Sender werden die einzelnen Baugruppen mit eigenen Spannungsreglern versorgt, um Verkopplungen zu vermeiden.
Der Demodulatorkreis Fi5 wird ohne Eingangssignal mit einem Oszilloskop am NF-Ausgang auf maximale Spannung und beste "Symmetrie" des Rauschens abgeglichen. Fi1 und L2 werden bei schwachem Eingangssignal (z.B. aus entsprechend gejumperten Steuersender ohne Antenne) auf maximale Spannung am RSSI-Ausgang eingestellt. Eventuell genügt hierfür auch schon das Eigenrauschen des Empfängers. Ohne Eingangssignal sollten nach erfolgtem Abgleich 350 bis 450mV am RSSI-Ausgang anliegen - die Exemplarstreuungen beim SA626 sind hier ziemlich hoch. Abschließend wird noch R23 so abgeglichen, daß ohne Eingangssignal der DCD-Ausgang gerade noch "low" ist.
Für die Anwendung in Duplexsystemen ohne Antennenumschalter sollte das sendeseitige Tiefpaßfilter bestückt werden, da es zur Unterdrückung von Oberwellen beiträgt. Die Diode D1 wird durch einen passenden Kondensator (ca. 1nF) ersetzt und die Dioden D2 und D3, die Kondensatoren C17 bis C20 sowie R6, R7, L1 und C9 können unbestückt bleiben.
Da Hybridmodule einen schlechten Wirkungsgrad haben, sollte man auf eine gute Kühlung achten. Bei der Dimensionierung eines Kühlkörpers für einen Duplex-Digipeater muß man außerdem beachten, daß diese Digis eine Sender-Einschaltdauer von nahe 100% haben. Die Verwendung von Wärmeleitpaste empfiehlt sich nur, wenn das Modul Masseanschlüsse besitzt. Führt dagegen die Masse über den Kühlflansch, ist dieser direkt, also ohne Wärmeleitpaste, mit der Platinenmasse zu verbinden.
Da Bohrungen auf der Platine durch den mechanischen Aufbau nicht möglich sind, müssen die wenigen konventionellen Bauteile (T1, IC2, L2, L3 und R9) auf der Bauteileseite verlötet werden. Dies mutet zuerst etwas ungewohnt an, stellt aber bei den wenigen Bauteilen kein großes Problem dar. C15 und R8 werden nicht auf der Platine, sondern freitragend bestckt. C15 wird zwischen dem Mittelpin der Antennenbuchse und der Platine eingebaut. R8 dient der Ableitung von Statik auf der Antennenleitung und wird vom Mittelpin der Antennenbuchse zum Weißblechgehäuse gelötet.
Für die Spule L1 werden 9 Windungen 1mm Silberdraht um den Schaft eines 5mm Bohrers gewickelt. Anschließend wird die Spule vorsichtig gerade soweit auseinandergezogen, daß sich die Windungen an keiner Stelle berühren. Die Beschriftung des BFR91 zeigt in Richtung der Bestückungsseite. Die Verwendung von Wärmeleitpaste zwischen Modul und Kühlkörper empfiehlt sich nicht, da das Modul nur über den Kühlflansch mit Masse verbunden ist.
Für Vollduplex-Betrieb sollten die Baugruppen möglichst mit doppelt geschirmtem Koaxkabel miteinander verbunden werden, um Übersprechen zu vermeiden. RG223 oder RG214 bieten sich hier an.
Zur Komplettierung des Systems auf der Userseite fehlt noch die Verbindung zwischen Transceiver und PC - das Modem bzw. der TNC. Die PR-Standardausrüstung - ein TNC2 mit einer TF im Hostmode - ist auch bei maximal möglichem Tuning bereits mit einer Datenrate >19k2 hoffnunglos überfordert. Ähnlich verhalten sich Aufsteckmodems wie PAR96 oder PICPAR. Hier kommen neben relativ teuren Hardware-Lösungen, wie RMNC oder TNC3, auch Softwarelösungen in Frage. Der in [4] beschriebene Modemadapter für den EPP ist in leicht veränderter Form [5] seit Mai '99 bei Baycom lieferbar. Jürgen, DG1SCR, hat ebenfalls ein 76k8er Aufsteckmodem für den EPP auf Basis eines FPGA entwickelt. Dieses wurde auf der PR-Tagung 1998 in Darmstadt vorgestellt und ist bei ihm zu beziehen.
[2] Liebeck, M., DL2ZBN; Kurpiers, A., DL8AAU: Hochgeschwindigkeits Packet-Radio - ein Transceiverkonzept für das 70cm-Band, Skriptum 13. Internationale Packet-Radio Tagung, Darmstadt 1997, S. 35-45.
[3] Liebeck, M., DL2ZBN; Kurpiers, A., DL8AAU: Hochgeschwindigkeits Packet-Radio - Baugruppen für das 70cm-Band, ADACOM Magazin 10, S. 7-22, 1997.
[4] Rech, W.-H., DF9IC, et al: Ein Modemadapter für den EPP, Skriptum 13. Internationale Packet-Radio Tagung, Darmstadt 1997, S. 46-51.
[5] Sailer, T., HB9JNX; Kneip, J., DG3RBU: EPPFLEX - ein universeller Modemadapter für den EPP-Port, Skriptum 15. Internationale Packet-Radio Tagung, Darmstadt 1999, S. 9-15.
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